Der hohe Krankenstand in der Region Lüneburg entwickelt sich zu einem ernsthaften Risiko für die Wirtschaft. Während in Deutschland bereits im Jahr 2024 mit durchschnittlich 19 Fehltagen pro Arbeitnehmer ein europäischer Höchstwert erreicht wurde, liegt die Zahl der Krankentage in der Region Lüneburg mit 27 Tagen nochmals deutlich darüber.
„Diese Zahlen sind alarmierend und belasten insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen enorm“, warnt Patrick Pietruck, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Lüneburg. „Jeder einzelne Fehltag kostet Unternehmen nicht nur Geld, sondern auch Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist eine so hohe Krankenquote für Betriebe kaum noch tragbar.“
Hoher Krankenstand: Ursachen und Auswirkungen
Die Gründe für den drastischen Anstieg der Fehlzeiten sind vielfältig. Neben saisonalen Infektionen und psychischen Belastungen sehen viele Experten auch strukturelle Probleme, die zur hohen Krankheitsrate beitragen:
• Fehlanreize durch die telefonische Krankschreibung: Die während der Corona-Pandemie eingeführte Möglichkeit, sich ohne Arztbesuch telefonisch krankschreiben zu lassen, besteht weiterhin. Diese Regelung erleichtert Missbrauch und sorgt für eine Zunahme kurzzeitiger Krankmeldungen.
• Fehlende betriebliche Gesundheitsvorsorge: Während große Unternehmen zunehmend in Gesundheitsprogramme investieren, fehlt es vielen kleineren Betrieben an Möglichkeiten, präventive Maßnahmen zu fördern.
• Vergleich mit anderen Ländern: Deutschland nimmt mit seinem Krankenstand eine europaweite Spitzenposition ein. In vielen Ländern existiert ein Karenztag, an dem Arbeitnehmer bei einer kurzen Erkrankung keinen Lohnfortzahlungsanspruch haben. Dies reduziert erwiesenermaßen die Zahl der kurzfristigen Krankmeldungen.
Forderungen der MIT Lüneburg
Um die hohe Krankheitsquote nachhaltig zu senken, fordert die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Lüneburg:
• Abschaffung der telefonischen Krankschreibung: Arbeitnehmer sollten sich wieder persönlich beim Arzt vorstellen müssen, um eine Krankschreibung zu erhalten.
• Einführung eines Karenztages: Nach dem Vorbild anderer europäischer Länder sollte der erste Krankheitstag nicht vom Arbeitgeber bezahlt werden. Dies würde Fehlzeiten senken und die Eigenverantwortung stärken.
• Mehr betriebliche Gesundheitsvorsorge: Unternehmen sollten stärker in Prävention und Gesundheitsmaßnahmen investieren – durch ergonomische Arbeitsplätze, Stressbewältigungsangebote und eine bessere Arbeitsorganisation. Hier ist eine enge Zusammenarbeit mit den Krankenkassen notwendig. Entsprechende Maßnahmen sollten vom Staat finanziell unterstützt werden.
„Es geht nicht darum, ernsthaft kranken Menschen ihr Recht auf Genesung abzusprechen“, betont Patrick Pietruck. „Doch wenn wir in Deutschland bereits im internationalen Vergleich die meisten Krankentage haben und die Region Lüneburg nochmal darüber liegt, dann müssen wir handeln. Es geht um die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts.“
Die MIT Lüneburg ruft die Politik dazu auf, die bestehenden Fehlanreize zu überdenken und strukturelle Maßnahmen zur Reduzierung der hohen Krankheitsquoten zu ergreifen. Nur durch eine verantwortungsvolle Balance zwischen Schutz der Arbeitnehmer und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen kann der Standort Lüneburg langfristig gestärkt werden.
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ist mit rund 25.000 Mitgliedern der größte parteipolitische Wirtschaftsverband in Deutschland und setzt sich für die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und wirtschaftliche Vernunft in der Politik ein. Der MIT-Kreisverband Lüneburg ist mit über 100 Mitgliedern der größte Verband in Nordost-Niedersachsen und vereint Geschäftsführer und leitende Angestellte regionaler Unternehmen.